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Sportlich und fit im Alltag
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Bewegung
Sportlich und fit im Alltag

Dr. phil. Martin Matyk
Personal Trainer, Vize-Europameister, World-Cup-Gewinner

«Sportliche Betätigung macht glücklich und erhöht die Lebensqualität. Bewegung gibt Energie und hilft Krankheiten und Schmerzen vorzubeugen. Sport ist ein Ausgleich für den stressigen Alltag.»

Diese oder ähnliche Formulierungen hat jeder schon einmal gehört. Obwohl das sehr attraktive Versprechen sind, bewegen sich viele Menschen zu wenig und treiben keinen Sport. Das Problem kennt fast jeder: Man möchte sich zwar fit halten, aber für Sport im Berufsalltag fehlt die Motivation. «Ich habe keine Zeit» oder «Nach der Arbeit bin ich zu müde» – diese und andere «Ausreden» hört man häufig, und vielleicht kennen Sie die ein oder andere von sich selbst. Wie lässt sich Sport und mehr Bewegung in den Alltag einbauen?

Wie besiegt man seinen inneren Schweinehund?
Unser innerer Schweinehund ist besonders lernbereit, wenn es um Ausreden und den Weg des geringsten Widerstandes geht. In Sachen Sport und Gesundheit kann das unerwünschte Folgen haben. Da unser Gehirn Gewohnheiten liebt, wächst unser innerer Schweinehund mit der Häufigkeit unserer Entscheidungen, keinen Sport zu machen, und erscheint schließlich unbesiegbar. Man könnte auch sagen, dass wir lernen, uns selbst immer besser zu belügen. Am Ende haben wir sogar recht, wenn wir sagen, dass wir gar nicht anders konnten – wir haben uns so programmiert. Diese Programmierung gilt es, zu durchbrechen. Dafür finden Sie hier Anregungen, die Ihr Leben und Ihre Gewohnheiten verändern.

Gewohnheiten verändern
Möchten Sie Ihre Gewohnheit verändern, wird dies nicht gelingen, wenn Sie damit beginnen, an der Gewohnheit selbst zu arbeiten. Eine Gewohnheit ist eine Folge. Ihre Gedanken beeinflussen Ihre Emotionen. Aufgrund Ihrer Gefühle werden Sie Entscheidungen treffen und entsprechend handeln. Ihre Handlungen sind es, die schließlich Ihre Gewohnheiten prägen. Der Trick beim Aufbau einer neuen Gewohnheit ist, bei den Gedanken zu starten und schließlich spezifische Handlungen zu wiederholen. Ihr Gehirn verstärkt das, was es kennt: Es schüttet Botenstoffe wie zum Beispiel Dopamin aus, durch die Sie sich wohler fühlen. Das ist die Belohnung durch Ihr Gehirn für Ihre neuen Gewohnheiten.

Wer ist der Gegenspieler?
Neben schlechten Gewohnheiten gibt es weitere Gegenspieler, die Sie auf Ihrem Erfolgsweg behindern, demotivieren und aufhalten können. Dazu gehören falsche Ansätze, de-struktive Gedankenmuster, Familie, Freunde oder Kollegen. Sie müssen nicht jedem von Ihrem Vorhaben erzählen. Erklären Sie einem oder wenigen Auserwählten, wie wichtig Ihnen dieses Projekt ist. Lassen Sie Ihren Erfolg für sich sprechen, denn es wird der Punkt kommen, an dem andere staunen und fragen, wie Sie das geschafft haben. Erkennen und hinterfragen Sie negative Glaubenssätze und versuchen Sie, sie in eine positive Richtung zu lenken. Streichen Sie folgende Formulierungen noch heute aus Ihrem Wortschatz: «eigentlich wollte ich …», «später mache ich …», «ich sollte wieder …», «ich kann nicht ...», «hätte ich doch …». Falls Sie bis jetzt einem falschen System oder falschen Prinzipien gefolgt sind, die Sie nicht wirklich vo-rangebracht haben, wenden Sie die hier empfohlenen Tipps für sich an. Wenn Sie einen gesunden Lebensstil außergewöhnlich erfolgreich leben möchten, machen Sie gewöhnliche Dinge außergewöhnlich gut.

Die Uhr tickt
Manchmal ist uns nicht bewusst, dass wir nicht unendlich viel Zeit zur Verfügung haben. Das trifft auch auf unsere Gesundheit zu. Die Lebensuhr tickt nicht im Kreis, sondern sie läuft ab wie eine Sanduhr. Jedes gefallene Korn lässt sich nicht zurückholen. Wenn Sie sich diese Tatsache in Erinnerung rufen, wird Ihnen bewusst, wie wertvoll Ihre Zeit in Bezug auf Ihre Gesundheit ist. Gesundheitsschädliche Wirkung, die aus unserem Verhalten resultiert, hält länger an, als dass wir dieses Verhalten ausgeübt haben. Je schneller Sie mit guten Gewohnheiten beginnen, desto mehr Zeit und Sandkörner bleiben Ihnen für ein attraktives Leben, das Ihrem Körper schmeichelt.

ZIEL
Wenn Sie mithilfe eines Navigationssystems im Auto zu einem Ihnen unbekannten Ort fahren möchten, wird das Navigationssystem als Erstes Ihren Standort bestimmen. Anschließend müssen Sie ein Ziel vorgeben, sonst kann das Navi nicht arbeiten. Dazu geben Sie nicht nur ein Land, sondern den genauen Ort, die Straße und die Hausnummer an. Dasselbe gilt auch für Ihr Fitnessziel. Sie müssen wissen, welches Ihr Standort ist und wohin die Reise gehen soll, bevor Sie starten können. Je genauer Sie Ihr Ziel definieren, desto besser wird Sie Ihr «inneres Navi» dahinführen. Wenn Sie in den letzten Wochen, Monaten oder sogar Jahren nie trainiert haben, können Sie nicht mit zwei Stunden Bewegung pro Tag starten. Ihr Körper ist eine so hohe Belastung nicht gewohnt und muss Sie daher nicht auf dem schnellsten Weg zum Ziel führen – so wie das Navi im Auto. Versuchen Sie also Ihren Standort richtig einzuschätzen, damit Sie nicht zu viel Energie verlieren und frustriert werden, wenn Ihnen etwas nicht gelingt. Bevor Sie Vollgas geben können, müssen Sie wissen, wann Sie wieder bremsen sollten, um Pause zu machen oder aufzutanken. Sie würden sich auch nicht in ein Auto ohne Bremsen setzen und losfahren, wenn Sie wissen, dass ein Unfall die unmittelbare Folge wäre. Auf den Sport übertragen, benötigen Sie einen Rahmen, der zu Ihnen passt. Versuchen Sie nicht scheinbar supererfolgreichen Youtubern nachzueifern. Solche haben für sich große Erfolge erzielt, die aber vermutlich nicht zu Ihrem Leben passen. Finden Sie Ihr eigenes Tempo und planen Sie feste Pausen ein! Prüfen Sie immer wieder, wie weit Sie gekommen sind und belohnen Sie sich dafür. Das wird Ihrem Gehirn gefallen und es gelingt Ihnen, in Folge besser Ihren Plan zu verwirklichen.

Komfortzone verlassen
Sie haben einen geregelten Alltag und es gibt möglicherweise auf den ersten Blick gar keinen Platz für ausgiebige Bewegung und Sport. Das macht es schwer, Ihre neue Gewohnheit in den Tagesplan zu integrieren. Stellen Sie sich ein volles Glas vor. In dieses kann nichts mehr eingeschenkt werden, da es sonst überläuft. Sie müssen also Platz schaffen und dafür Ihre Komfortzone verlassen. Damit Sie mit den neuen Bewegungseinheiten beginnen können, müssen Sie überlegen, was Sie streichen können. Sich auf ein neues Ziel zu fokussieren, bedeutet, Dinge, die aufhalten, zu eliminieren. Zeitfresser können besonders das Handy, der Computer, das Tablet oder der Fernseher sein. Prüfen Sie Ihre täglichen und wöchentlichen Bildschirmzeiten und treffen Sie eine klare Entscheidung, wo Sie die nächsten 21 Tage einsparen werden – Sie kennen sich selbst am besten. Ihr Versprechen Nun sind wir also am Punkt, an dem Sie eine Entscheidung treffen müssen. Möchten Sie Ihre Reise zu Ihrem würdigen Ziel beginnen? Wenn ja, dann ist die Zeit für Ihr Versprechen Ihnen selbst gegenüber gekommen. Es ist wichtig, dass Sie verstehen, dass ein Versprechen kein Versprechen ist, wenn Sie sich nicht klar entschieden haben. Das würde am Ende dazu führen, dass Sie das Handtuch werfen und aufgeben. Deswegen fordere ich Sie auf, eine klare Entscheidung zu treffen und diese schriftlich festzuhalten. Lassen Sie keine Ausnahmen zu, die dieses Versprechen brechen könnten. Ansonsten beginnen Sie wieder von vorne. Auch Ausnahmen lernt unser innerer Schweinehund leider schnell, und die werden dann zur Regel.

Konstanz über Brillanz – in der Praxis
Am besten beginnen Sie mit einer sportlichen Aktivität, die Ihnen leichtfällt, die Sie ohne großen Vorbereitungsaufwand ausüben können und die Ihnen im Optimalfall Spaß macht. Dabei ist es egal, ob es sich um eine Ausdauer-, Kraft- oder Spielsportart handelt. Es gibt verschiedene Wege, neue Gewohnheiten aufzubauen. Ich stelle Ihnen zwei Möglichkeiten vor. Bei beiden ist es wichtig, dass Sie diese Wege konstant, wenn auch mit kleinen Schritten, durchziehen, anstatt brillant zu starten und mittendrin abzubrechen. Ein Weg erzieht Ihren inneren Schweinehund und damit Ihre Gewohnheiten langsam, indem Sie nur einmal pro Woche eine Bewegungseinheit durchziehen. Dafür sollten Sie am besten einen fix definierten Tag festlegen und solange dranbleiben, bis er zu Ihrer Alltagsroutine gehört. Erst danach erweitern Sie Ihr Pensum mit einem zweiten festen Trainingstag. Dies führen Sie so lange weiter, bis Sie Ihrem Ziel entsprechend oft in der Woche trainieren. Der zweite Weg fordert Sie zwar mehr heraus, bringt Ihnen die Ergebnisse aber schneller. Sie führen täglich eine kleine Bewegungseinheit mit 1 bis 2 Übungen während 21 Tagen durch. Schritt für Schritt können Sie im Anschluss, gemäß Ihrem Ziel, diese Mini-Einheit um Übungen erweitern. Beide Möglichkeiten funktionieren. Welche Version bei Ihnen besser greift, hängt von Ihrem Standpunkt ab.

Investieren
Wer investiert, erwartet mehr zurück, als er hineingesteckt hat. Sportliche Aktivität ist eine Investition in Ihre Gesundheit und hat einen Effekt über die investierte Zeit hinaus. Anfangs fällt es Ihnen vielleicht gar nicht so auf, wie weit Sie schon gekommen sind. Es sind kleine Bausteine, die später ein ganzes Gebäude entstehen lassen. Es kann lange dauern, aber haben Sie Geduld – es lohnt sich! Wenn Sie beim Sport mit kleinen Schritten dabeibleiben, wird der Effekt immer größer. Es sind die kleinen, scheinbar unbedeutenden und abgeschlossenen Dinge, die Sie vorwärtsbringen.

Startzeitpunkt
Wann ist der richtige Zeitpunkt, zu beginnen? «NOW» = «No Opportunity Wasted» = «Keine Gelegenheit verschenkt». Ein großes Problem mit dem inneren Schweinehund ist die «Aufschieberitis». Wenn Sie sich sagen, dass Sie nächsten Monat, nächste Woche oder einfach irgendwann später damit anfangen, denken Sie vielleicht, dass Sie Ihren inneren Schweinehund besiegt haben. Der Frust ist aber umso größer, wenn die gesetzte Frist ungenutzt verstreicht. Untersuchungen zeigen, dass man eine Sache innerhalb von 72 Stunden beginnen muss. Sonst wird daraus nichts. Nun wünsche ich Ihnen viel Freude und Erfolg bei Ihren neuen Bewegungseinheiten im Alltag.

 

 

 

 

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