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Zu viel des Guten kann wundervoll sein
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Mäßigkeit
Zu viel des Guten kann wundervoll sein

… jedenfalls für einen kurzen Moment

Kornelia Langer
Diplom-Psychologin, Psychotherapeutin und freie Lektorin

Warum wir das Glück jagen und auf Dauer oft leer zurückbleiben.

In den 1950er Jahren pflanzten die US-Forscher Olds und Milner ihren Laborratten eine Elektrode ins Gehirn. Darüber konnten sich die Tiere schwache Stromimpulse direkt ins Belohnungszentrum geben. Für die Ratten war das angenehm, denn nach kurzer Zeit drückten sie ununterbrochen den Hebel, um sich zu stimulieren, und taten nichts anderes mehr. Sie ließen ihre Nahrung links liegen, vernachlässigten die Körperpflege und soziale Begegnungen. Mehr als tausendmal pro Stunde drückten die Tiere den Knopf – bis zur völligen Erschöpfung.

Das Problem mit dem ständigen Habenwollen
Zum Glück haben Menschen ein größeres Gehirn als Ratten. Aber wissen wir immer so genau, was wirklich gut für uns ist? Wir leben in einer Zeit, in der fast alles möglich ist. Trotzdem sind etliche Menschen nicht zufrieden mit ihrem Leben. Viele können das, was sie erreicht haben, kaum noch genießen oder landen in Süchten und Exzessen, um sich wenigstens von Zeit zu Zeit am Leben zu fühlen. Wie kann das sein? Weshalb brauchen wir immer wieder neue Kicks und lenken uns mit Dingen ab, die das ultimative Glück versprechen?

Was das Gehirn damit zu tun hat
Das menschliche Belohnungszentrum im Gehirn besteht aus Nervenzellen, die über bestimmte Botenstoffe miteinander kommunizieren (unter anderem Dopamin, Endorphine und Oxytocin). So entstehen angenehme Gefühle. Wenn der Belohnungsregelkreis jedoch übermäßig stimuliert wird, erschöpft sich auf lange Sicht der Vorrat in den Nervenzellen und es werden geringere Mengen an Belohnungsbotenstoffen freigesetzt. Diese treffen zusätzlich auf weniger empfindliche Andockstellen oder werden immer schneller aus den Zellzwischenräumen entfernt. Dadurch wird die Signalübertragung zwischen den Nervenzellen schwächer und in der Folge empfinden wir weniger Genuss. Gleichzeitig schüttet der Körper eine geringere Menge des Botenstoffs «Gamma-Aminobuttersäure (GABA)» aus, der uns normalerweise vor zu starker Erregung und Anspannung schützt. Doch ohne den beruhigenden Effekt dieses Neurotransmitters kommt es zu Muskelverspannungen, Herzrasen, Schweißausbrüchen, Ängsten, depressiven Verstimmungen und Schlafstörungen. Wenn die innere Unruhe zunimmt, verstärkt sich oft das Verlangen nach noch mehr Kicks, weil man hofft, sich danach wenigstens für eine Weile zufrieden und entspannt zu fühlen. Dann entleeren die Botenstoffspeicher ihre letzten Reste unter Zwang – der Beginn einer Abwärtsspirale. Diesen Effekt erklärt der Arzt, Psychotherapeut und Suchtmediziner Ingo Schymanski in seinem Habituationsmodell.

 

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