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Andere Kulturen – andere Prioritäten
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Prioritäten
Andere Kulturen – andere Prioritäten

Ulrike Baur
Missionarin in Benin, Westafrika

Sich mit anderen Kulturen auseinanderzusetzen, kann dazu führen, dass man die eigenen Prioritäten neu überdenkt. Ob man in Deutschland oder in Westafrika lebt, macht in Sachen Prioritäten­setzung definitiv einen Unterschied!

Warum können die Dinge eigentlich nie nach Plan laufen?
Heute muss ich unbedingt mit diesem Artikel über Prioritäten anfangen, dachte ich mir an diesem Donnerstagmorgen. Ich wollte gerade den Laptop aufklappen, als mir mein Mann mitteilte, dass der Sohn unserer Köchin krank sei und sie deshalb heute nicht für uns kochen könne. In weniger als 2 Stunden würden ungefähr 25 Schulkinder in Erwartung eines leckeren Mittagessens unser Kinderzentrum stürmen. Und schon rutschte meine Priorität Nr. 1 für diesen Vormittag nach unten, denn hungrige Kinder sind jetzt dringender als der Zeitschriftenartikel. Nach dem Mittagessen war es erst einmal viel zu heiß, um am Laptop zu arbeiten. Dann kam der Tierarzt vorbei, später noch ein Nachbar. Die Handwerker auf unserer Baustelle brauchten immer wieder irgendwas. Dann sollte ich noch ein paar Textnachrichten beantworten und ... Schon wieder war der Tag zu Ende und ich hatte noch kein Wort zu Papier gebracht beziehungsweise eingetippt. Wieder einmal war nur ein Teil meiner To-do-Liste für den Tag abgehakt. Mangel an Selbstdisziplin? Schlechte Organisation? Vielleicht.

Mit dem Kopf durch die Wand
Vielleicht liegt es aber auch daran, dass in der afrikanischen Kultur, in der ich seit vielen Jahren lebe, Prioritäten anders gesetzt werden als in der westeuropäischen Kultur, aus der ich ursprünglich komme. Ich kann mich noch sehr genau an die Zeit erinnern, als diese beiden Kulturen zum ersten Mal einen echten Konflikt in mir verursachten. Ich war im Rahmen eines Praxissemesters für einige Monate in Ruanda in der Verwaltung eines Krankenhauses tätig. In Deutschland hatte ich auf einer Behörde effizientes und organisiertes Arbeiten gelernt und freute mich darauf, mein Wissen und Können nun an dieser neuen Stelle einzubringen. Doch es dauerte nicht lange, bis ich auf alle erdenklichen Widerstände stieß. Ständig rannte ich mit dem Kopf gegen irgendeine Wand. Ich hatte klare Vorstellungen und war entschlossen, diese auch umzusetzen. Doch nach kurzer Zeit wurde mir klar, dass ich genau zwei Optionen hatte: Entweder ich legte meine Besserwisserei ab, ließ mich auf die afrikanische Kultur ein und machte meine Arbeit im Rahmen der Gegebenheiten, oder ich packte meine Koffer und brach den Auslandsaufenthalt ab. Ich entschied mich für Ersteres und hab es seither nicht bereut. Die Zeit in Ruanda hat mich so sehr geprägt und die afrikanische Kultur mich so vereinnahmt, dass ich mich einige Jahre nach dieser Erfahrung einem Missionsprojekt in Benin in Westafrika angeschlossen habe und dort «hängengeblieben» bin.

 

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