
Beziehungen
Monogamie – ein Auslaufmodell oder die beste Gesundheitsversicherung?
Das klassische Modell einer treuen Beziehung wirkt auf viele heutzutage wie ein Relikt aus alten Zeiten. Doch was, wenn genau dieses Modell – trotz aller Herausforderungen – die größte Chance für unser seelisches und körperliches Wohlbefinden bereithält?
Darleen Besmann
Elterncoach und Mamabloggerin
Flucht vor Beständigkeit
Unsere Zeit liebt Flexibilität. Jobwechsel, Ortswechsel, Beziehungswechsel. Viele Menschen haben sich heute von der Idee verabschiedet, ein Leben lang mit demselben Partner zusammenzubleiben. Meist nicht aus Prinzip, sondern weil sie schmerzliche Erfahrungen gemacht haben. Untreue fällt einem dabei wahrscheinlich als Erstes ein. Doch darunter liegen meist grundlegende Probleme wie häufige Konflikte, Bedürfnisse, die nicht erkannt oder nicht gestillt werden, fehlende Entfaltungsmöglichkeiten, Kommunikationsschwierigkeiten, Verlust von Individualität – und natürlich auch Romantik und Leidenschaft, die durch die Routinen des Alltagslebens irgendwann verloren gegangen sind.
Niemand möchte sein kurzes Erdenleben jahrzehntelang unglücklich verbringen. Wieso sich also lebenslang verpflichten, wenn man auch einfach wieder von vorn beginnen kann – wieder Schmetterlinge im Bauch spüren und frei von den Eigenheiten eines Partners, die einen schon lang gestört haben?
Und vielleicht sind die Beziehungen, die wir in unserem Bekannten- und Familienkreis immer wieder beobachten, auch schlicht wenig erstrebenswert. Gerade als junge Teenagerin hatte ich damals wenig Vorbilder, die mir Vorfreude auf eine langfristige Beziehung gemacht hätten. Die meisten Ehen waren kaum gezeichnet von Zärtlichkeit und liebevollem Miteinander und glichen eher einer WG und Zweckgemeinschaft als einer Liebesbeziehung. Möchte ich also lebenslang in einer unbefriedigenden Partnerschaft gefangen sein? Denn das wäre die Alternative, die mindestens genauso «ungesund» ist wie ein häufiger Partnerwechsel. Eine lebenslange, monogame Beziehung allein ist nicht der Schlüssel für ein gesundes Leben. Es bringt nämlich niemandem etwas, wenn man sich tagtäglich durch den Alltag quält, von Streit zu Streit schleppt oder konfliktscheu und um «des Friedens willen» einfach jeglicher Auseinandersetzung aus dem Weg geht.
Als Scheidungskind kann ich aus eigener Erfahrung berichten, wie negativ sich eine lieblose Ehe sogar auf die Kinder auswirkt, wegen derer die Partner doch eigentlich doch so lang miteinander ausgeharrt hatten.
All die positiven gesundheitlichen Vorteile einer langfristigen Beziehung können in so einem Kontext ins Gegenteil umschlagen. Das Resultat können Depressionen, schlechter Schlaf, emotionaler Stress, Migräne und vieles mehr sein. Und deshalb kann ich durchaus verstehen, warum so viele Paare irgendwann die Reißleine ziehen und versuchen, sich in eine neue Beziehung zu retten.
Kurzfristiges Glück vs. langfristige Stabilität
Neue Beziehungen fühlen sich aufregend an. Man merkt, wie es kribbelt und der Dopaminspiegel steigt. Es schwelen keine vergangenen Streitthemen im Hintergrund und man kann sich von seiner besten Seite zeigen. Oft nimmt man sich sogar vor, diesmal «auch wirklich alles richtig zu machen».
Doch die Wirkung ist flüchtig. Schnell treten alte Verhaltensmuster wieder ans Licht, alte Wunden reißen auf und der emotionale Ballast vergangener Beziehungen wird mit in die neue Partnerschaft geschleppt.
In der Annahme, man müsse einfach nur den «richtigen» Partner finden, um endlich eine glückliche Beziehung und ein erfülltes Leben zu führen, wird das Leben schnell zu einer unendlichen Suche nach einem unerreichbaren Ziel. Denn so oft ist nicht der Partner das Problem, sondern eine falsche Vorstellung davon, was Partnerschaft bedeutet.
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