
Beziehungen
Berührungen – ein Ausdruck der Liebe
Liebevolle Berührungen sind ein Grundbedürfnis des Menschen, welches er vom ersten bis zum letzten Atemzug bemüht ist, zu stillen – weil er es braucht, um körperlich, seelisch und geistig gesund zu sein und zu bleiben.
Gabriele Stangl
Pastorin in Ruhestand
Unvergessen bleibt mir die Geschichte einer leitenden Krankenschwester, die von einem verletzten und kranken Motorradfahrer berichtet, der zu ihr auf die Station gebracht wurde. Ungepflegt, stark übergewichtig und nicht besonders gut riechend, wollte keine ihrer Kolleginnen sich dieses Mannes annehmen. So wusch sie ihn selbst, puderte seine gerötete und geschundene Haut und gab ihm zum Schluss eine kleine Rückenmassage, da sie spürte, dass dieser Mann etwas Zuwendung brauchte, obwohl ihre Zeit es eigentlich gar nicht zuließ. Als sie damit fertig war, half sie ihm, sich auf den Rücken zu drehen und sah in seine wunderschönen tiefbraunen Augen. «Danke», flüsterte er und Tränen liefen über sein Gesicht, «seit Jahren hat mich niemand mehr berührt. Ich werde sicher wieder gesund.»
Vom Verlangen, berührt zu werden
Wir alle sehnen uns danach, berührt
zu werden, am liebsten natürlich von
Menschen, die wir lieben und die uns
nahestehen. Schon das Neugeborene,
das aus dem warmen Mutterleib, der
es umschlossen hat, in eine grelle,
kalte Welt herausgerissen wird, beruhigt
sich an Mutters Brust, die warm
und weich über den ersten Weltschmerz
hinwegtröstet und so Nähe
schenkt. «Ich bin da!», will es dem
Kind vermitteln. Auch ohne die zärtlich
geflüsterten Worte verstehen zu
können, fühlt es, dass es nicht alleine,
sondern geliebt und geborgen ist.
An eben dieser Brust fängt eine
Beziehung an, eine Bindung, ein Urvertrauen,
das diesen Menschen im
besten Fall ein ganzes Leben lang begleitet
und ihn befähigt, mit anderen
Menschen in ein gesundes und vertrauensvolles
Miteinander zu treten.
Schon in den ersten Tagen und Monaten
unseres Lebens wird so der
Grundstein für unsere emotionale
Bindungsfähigkeit gelegt, die sich
entscheidend auf unser Miteinander
auswirkt. Wir brauchen Berührungen,
um ein stabiles seelisches
Gleichgewicht zu entwickeln und zu
behalten; wir brauchen sie, um zu
einer ausgeglichenen emotionalen
Persönlichkeit heranzuwachsen und
ein gesundes Selbstbewusstsein zu
entwickeln.
Ein Mangel an Berührungen kann krank machen
Anders als der Tastsinn, der uns dabei
hilft, unsere Umwelt wahrzunehmen,
gehören Berührungen zu einer
Art «innerem Sensor», der uns mitteilt,
wie es uns geht, was wir fühlen
und wie wir uns selbst wahrnehmen.
Berührungen lösen Gefühle aus, die
uns glücklich machen, den Stress
reduzieren und uns Wohlbefinden
schenken. Fehlen diese Berührungen
im alltäglichen Leben über einen
längeren Zeitraum – sei es zum Beispiel
durch den Verlust von Bezugspersonen,
die Einsamkeit im Alter
oder wie in den vergangenen Jahren
durch die herbeigeführte Isolation
durch Corona –, werden wir Menschen
oftmals krank.
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